Prenzlauer Berg: Szene ohne Ghetto
(aus: Siegessäule Februar 2005)
Berlins zweitgrößte schwullesbische Szene
kuschelt sich an Designerläden und Resterampen rund um die Schönhauser
Allee. Hier wird die Frage nach der sexuellen Orientierung seltener gestellt
als anderswo. Das berichten zumindest sieben Prenzl’Berger
Text: Christoph Zarft
Jeden Morgen falle ich mit verquollenen Augen
auf die Kastanienallee. Ich wohne da, und wie üblich war der gestrige Abend
definitiv zu lang. Ist ja auch alles um die Ecke, was das Homoherz begehrt –
einen Kaffee im Schall & Rauch, das Bier im Marietta, danach zum Ficken in
die Greifbar. Noch ein bisschen mehr ficken im Midnight Sun und zum
Abschluss entspannt in die Treibhaus Sauna. In Prenzlauer Berg ist es
einfach schöner als woanders. Das weiß auch die Lieblingslesbe, die nebenan
wohnt und ihre Nächte vorzugsweise im Freizeitheim verbringt. Oft treffe ich
sie dort zum Jägermeister, und manchmal schafft es sogar die ganze
befreundete Tuntencrew bis hierher in die Schönhauser Allee.
Auch die Schönebergerin findet’s ganz hübsch
und käme bestimmt viel öfter her – wenn’s nicht so weit im Osten wäre. Der
Kreuzbergerin dagegen ist es zu geleckt. Ja, als noch richtig Stimmung war
in den Ruinen, das waren Zeiten! Die Neuköllnerin findet eh alles toll, was
jenseits des Hermannplatzes liegt, und die blöde Kuh aus Wilmersdorf ist
erst gar nicht gekommen. Die Peergroup zu Gast im Prenzlauer Berg – eine
nicht zu unterschätzende Belastungsprobe der Freundschaft. Das gilt vor
allem, wenn man Lokalpatriot ist wie ich!
Michael Unger ist auch einer. Seit 30 Jahren
lebt er zwischen Helmholtz- und Humannplatz und weiß, was damals im wilden
Osten abging. „So richtig los mit der Szene ging’s an der Schönhauser Allee
erst Anfang der Siebziger. Vorher gab’s die einschlägigen Kneipen eher rund
um die Friedrichstraße.“ Die meisten von diesen mussten mit der Einrichtung
des Grenzübergangs 1968 auf staatlichen Druck hin schließen. Die Homos
fanden sich in der Schlange vor dem Burgfrieden wieder, unter den Duschen
des Stadtbades Oderberger Straße oder eben bei Konnopke, wo man zwischen
Klappe und Schoppenstube mal schnell ’ne Wurst aß. Der provisorische
Darkroom im Aufgang eines Mietshauses oder die skurrilen Blüten, welche das
„Demutsverhältnis der Gäste zum Gastronomiepersonal“ hervorbrachte – Michael
kennt jede Anekdote.
Michael
Unger ist Geschäftsführer des Sonntags-Clubs e.V., einer der Gruppen, die
Mitte der Achtziger aus der 1973 gegründeten Homosexuellen Initiative Berlin
(HIB) hervorgingen. „Im Grunde ist unser Konzept noch das gleiche wie
damals: Kontaktzentrum, Schutzraum und Ort der Selbstorganisation.“ Die
Besonderheit des Vereins in der Greifenhagener Straße besteht nach Michaels
Meinung in einer starken Ausrichtung des Angebots an Prinzipien wie
Eigenverantwortung und Selbsthilfe. Nach diesem Muster funktionieren alle
Gruppen des Vereins, wie beispielsweise die schwullesbische Jugendgruppe
Sonntagskinder, der offene Gesprächskreis lesbischer Mütter oder der
regelmäßige Stammtisch Top 30 für Lesben und Schwule in eben jener
Altersgruppe.
Ein weiterer Schwerpunkt ist das Angebot für
diejenigen, die selbst in der Homocommunity keine Lobby besitzen:
Transgender und Alte. Damit verschwindet der Sonntags-Club aber keineswegs
im Nischenspektrum. Mit 170 Teilnehmenden platzte die letztjährige
Transgendertagung aus allen Nähten. Und EMIL / ANNA, ein ehrenamtlicher
Besuchsdienst für alte Lesben und Schwule, wird bundesweit als einziges
Modellprojekt dieser Art gefördert.
Zurück zu Michaels Liebe zu Prenzlauer Berg.
Pure Nostalgie? „Ganz sicher nicht – auch wenn meine wilden Jahre wirklich
toll waren!“ Die Lebendigkeit und der Widerspruchsgeist der Bewohner ist
das, was ihn reizt. Dass der Stadtteil sich totboomt, findet Michael
Quatsch. „Schon zu DDR-Zeiten haben sie’s hier nicht hingekriegt, einen
sozialistisch genormten Bezirk zu schaffen. Und nun die genormte
Yuppiesierung? Die Leute sind hier einfach zu umtriebig und zu respektlos!“
Kaffeetrinken bei Nachbars im Tuntenhaus,
einem der wenigen Häuser an der Kastanienallee, dessen Erdgeschoss weder
Szenecafé, Haarschneiderei noch Designerladen beherbergt. Stefanie Gras
steht am Herd und backt Apfelkuchen. Warum sie hier wohnt? „Alle meine
Freunde leben hier“, sagt sie lapidar und schaltet den Mixer ein. Die
Freunde sitzen am Küchentisch und schneiden Äpfel. „Hier gibt es einfach die
attraktivsten Männer der Stadt – meine Mitbewohner“, kokettiert Anton und
zieht damit die Liebe der Anwesenden auf sich. „Und wenn du weder allein
noch in einer Zweierkiste wohnen willst, lebt es sich in diesem Haus ideal.“
Das
Wohnkonzept ist noch dasselbe wie 1991, als die zuvor mit Polizeigewalt aus
dem Friedrichshainer Tuntenhaus vertriebenen Männer hier einzogen: ein
offenes Haus, in dem man gemeinsam leben, sich auseinandersetzen und
zusammen Spaß haben kann. Gemeinschaftsräume, regelmäßiges Hausplenum und
ausschweifende Hoffeste gehören nach wie vor dazu. Dass das Tuntenhaus in
Prenzlauer Berg steht, war damals eher Zufall. Für etliche Bewohner bestand
vielmehr das Problem, so weit weg von Kreuzberg und damit im „tiefen Osten“
zu wohnen.
Vom Osten ist in der „Casting-Allee“ wenig
übrig geblieben. Statt Tristesse boomen coole Szeneläden, und die Straße
avanciert zum Laufsteg für die gestylte Jugend zwischen 20 und 40. Die
steigende Attraktivität der Gegend zieht deutliche Mieterhöhungen nach sich;
gegenwärtig ist ein Prozess zwischen Tuntenhaus und Vermieter anhängig. Doch
auch das alltägliche Leben gerät in Mitleidenschaft. „Da ziehen die ganzen
Spießer aus der Provinz her und wollen hip sein. Und dann holen sie gleich
die Bullen, wenn’s mal zu laut wird.“ Das ist ziemlich ärgerlich, wenn
beispielsweise wie bei Stefanies letzter Geburtstagsparty 250 Leute im Hof
tanzen.
Prenzlauer Berg als Hort der Toleranz, davon
sind die Jungs in der Küche nicht überzeugt. „In diesem Kiez vielleicht“,
meint Hubertus, „obwohl das vermutlich eher auf Desinteresse als auf
wirklicher Akzeptanz basiert.“ Doch ein paar Ecken weiter sind kürzlich zwei
befreundete Homos verprügelt worden. „Und stell dich mal im Fummel vor die
Alleearkaden. Da kriegste eins aufs Maul, während in der Nachbarstraße die
Schwuletten rumvögeln“, sagt Stefanie und filetiert mit sachkundiger Hand
den warmen Apfelkuchen.
In die Kastanienallee geht Nadja Schüller nur
dreimal im Jahr, „zum Zoospielen“, wie sie sagt. „Hippe Leute gucken, wie
die sich präsentieren, finde ich hin und wieder amüsant.“ Aber eigentlich
ist ihr die Straße „zu abgerubbelt, wie eine Bronzefigur, die vom vielen
Anfassen ganz glatt geworden ist“. Nadja selbst wohnt am oberen Ende der
Schönhauser Allee. Keine schöne Gegend, aber für sie eine Schnittstelle
zwischen Bewegung und Reglosigkeit. „50 Meter nach rechts bist du im totalen
Gewühl. Alleearkaden, Bahnhof und Kino Colosseum. Geh dagegen drei Querstraßen in
Richtung Pankow, und plötzlich bewegt sich gar nichts mehr.“ Für Nadja
beschreibt das ein Lebensgefühl, das sie speziell in Prenzlauer Berg findet
– ein Nebeneinander von Extremen, das Raum für die eigene Freiheit lässt.
Bewegung und Veränderung sind für Nadja
existenziell. Sie ist Malerin mit einer ausgeprägten Liebe zu Farbe und
großen Flächen. Ihre Bilder sind figürlich, beinahe comichaft und bunt.
Zentral für Nadjas Kreativität ist ihr enger Bezug zur Straßenkunstszene in
Friedrichshain. Hier ist sie an mehreren Projekten beteiligt, wie
beispielsweise an der Aktion „Künstler gegen Werbung“, bei der im letzten
Sommer für zwei Wochen ein Dutzend Plakatwände gemietet und mit Gemälden
versehen wurden. „Für mich passiert in Friedrichshain künstlerisch einfach
mehr. Die Kunstszene in Prenzlauer Berg ist mir zu etabliert.“ Die
Kreativität sieht Nadja dadurch nicht unbedingt eingeschränkt.
Aber
die Orientierung an den kommerziellen Zwängen des Kunstbetriebes findet sie
hier weit deutlicher ausgeprägt. Braucht Nadja für ihre Arbeit die Frische
und Subversivität der Off-Szene, so sind Erfolg und Nahrung dennoch zwei
durchaus erstrebenswerte Ziele für sie – ein Balanceakt, dem sie sich mit
Hingabe widmet.
Tim Staffel hat Erfolg mit seiner Arbeit.
Nach „Rauhfaser“ schreibt er gerade an seinem vierten Roman, sein letztes
Hörspiel lief kürzlich im WDR, und seine Inszenierung von Stanislaw Lems
„Solaris“ hat Mitte Februar in Nürnberg Premiere. In seinen Arbeiten
thematisiert er das Anderssein inmitten der Normalität und die erfolglose
Suche nach einem Gefühl von Heimat.
Prenzlauer Berg als Bezugspunkt für seine
Kreativität reicht Tim nicht aus. „Inspiration hole ich mir aus dem Leben
und nicht von bestimmten Orten. Klar, Berlin ist Thema, aber eher als ein
sozialer Brennspiegel der Republik.“ Berlin als ein Schmelztiegel, in dem
jedoch nichts verschmilzt. Das macht für Tim die Vielfalt der Stadt aus.
Nach längerer Zeit des „Kampfwohnens“ in
Treptow lebt Tim seit vier Jahren in der Nähe des Wasserturms. Er erlebt
Prenzlauer Berg als befriedeten Bezirk. „Es ist ein bisschen wie Kleinstadt,
ziemlich unaufgeregt. Aber du musst das Leben nicht suchen. Es ist vor
deiner Tür, auch nachts um drei.“ Ein buntes Dorf, dem es allerdings an
ethnischer Vielfalt mangelt. Tim fühlt sich zu Hause hier, auch wenn ihn die
offenen Gegensätze in Kreuzberg durchaus reizen.
Die Homoszene interessiert Tim wenig, die
Einteilung nach sexuellen Präferenzen findet er komplett unspannend. In
dieser Hinsicht nimmt er Prenzlauer Berg als ziemlich normal wahr. „Hier
trägt nicht mehr jeder ’nen Button auf der Stirn, ob er homo oder hetero
ist. Das finde ich sehr angenehm.“
Osterburgs haben den Rotz. „Valentin hat sich
in der Kita ’ne Erkältung gefangen und uns beide angesteckt.“ Mit ihrem zehn
Monate alten Sohn tragen Aischa Osterburg und ihre Freundin Ina zum
Kinderreichtum des Bezirks bei. Auch wenn das Berlin-Institut für
Bevölkerung und Entwicklung die hohe Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau
kürzlich als Finte enttarnt hat, treibt der überdurchschnittliche Anteil von
gebärfähigen Frauen die Kinderanzahl in Prenzlauer Berg in die Höhe. „Sex,
Drugs und Rock ’n’ Roll sind jetzt definitiv vorbei,“ lacht Aischa und macht
dabei keineswegs den Eindruck, sich auf die Mutterrolle beschränken zu
wollen. Sie ist Modedesignerin und plant für den Sommer ihre neue
Bademodenkollektion.
Auch wenn sich Kreuzberg wieder im Aufschwung
wähnt, ist Prenzlauer Berg für Aischa auch weiterhin Trendsetter, vor allem
im Bereich Mode und Design. „Hier siehst du, was geht und was gerade
angesagt ist. Es gibt so viele kleine Läden, die nebeneinander ihr eigenes
Ding ausprobieren, es ist unglaublich.“ Das Epizentrum der Bewegung
lokalisiert Aischa in der Kastanienallee – wo sonst! „Berlin hat einen
besonderen, ganz bestimmten Modestil. Ein bisschen abgerockt, aus
verschiedenen Versatzstücken zusammengewürfelt, sehr individuell und nicht
so durchgestylt. Ein kreatives Understatement eben.“ Aischa meint das, was
lange Zeit mit dem Begriff „Mittestyle“ belegt wurde. „Aber da die Impulse
von hier ausgehen, sollte es eher P-Berg-Stil heißen.“
Neben ihrer Mode setzt Aischa bereits seit
1998 deutliche Trends im lesbischen Nachtleben. „Nach meiner Zeit in London
vermisste ich einfach entspannte Frauenpartys mit etwas Glamour und guter
Musik. Eben mal nicht dem üblichen Hitmix.“ Gemeinsam mit Tanja Ries stieß
sie mit „Divenattacks“ und „Microdiven“ in diese Lücke und startete zwei
erfolgreiche Partyreihen. Mit ihrer zweimonatigen „Chicks de Luxe“
veranstaltet Aischa seit 2001 im International die größte Lesbenparty der
Stadt. Die Zeiten lesbischen Einheitsbreis sind laut Aischa definitiv
vorbei. „Von butchig bis superfeminin, zu uns kommen sie alle.“
Die „Chicks“-Partys laufen zwar nicht in
Prenzlauer Berg, die Frauen aber sehr wohl. Spätestens seit Dagmar Klebe ihr
Freizeitheim zwischen Senefelder Platz und Kulturbrauerei an der Schönhauser
Allee eröffnet hat, küssen sich die Lesben in Prenzlauer Berg endlich wach.
Die donnerstägliche Frauenparty „ff-dabei“ ist stadtweit das lesbische
Highlight der Woche. „Selbst die Kreuzberger Mädels schwingen sich aufs Rad,
um hier tolle Schnecken zu treffen. Die treibt’s doch sonst fast nie über
die Spree“, grinst Dagmar. Am 11. Februar gibt es übrigens den ultimativen
Anlass zur Flussüberquerung – das Freizeitheim feiert seinen zweiten
Geburtstag!
Das homosexuelle Ghetto hat sich hier
überlebt
Dagmar beobachtet seit längerem einen
lesbischen Trend: „Im Freizeitheim geht das Publikum quer durch alle
lesbischen Schubladen. Aber ob kurze oder lange Haare – die Mädels, die
herkommen, wollen Spaß. Und den haben sie!“ Bis morgens um sechs, wenn’s
sein muss. Mittlerweile gibt es den Spaß zweimonatlich auch im Club 23 in
der Kulturbrauerei. Ende Februar lädt Dagmar hier zu ihrem vierten „MondoKlitRockKlub“,
der Lesbenparty mit exorbitantem Flirtfaktor und durchgeknallten
Liveperformances.
Dagmar lebt seit zehn Jahren in Prenzlauer
Berg. „Weil’s schön ist“, sagt sie und lacht. Natürlich fährt sie auch in
die anderen Stadtbezirke – Flyer verteilen, andere Partys ansehen, „oder um
im Roses abzustürzen! Aber sonst hab ich hier alles, was ich brauche. Und
vor allem, es ist entspannt!“ Das ist ihr besonders in Bezug auf das
Freizeitheim wichtig. „In meiner Bar brauche ich echt niemanden, der Stress
macht. Und meine Gäste brauchen das erst recht nicht!“ Dagmars offenes
Kneipenkonzept hat sich bewährt. Donnerstags sind immer eine Reihe schwuler
Jungs dabei, die sich im Freizeitheim mit ihren lesbischen Gabis zum Kickern
treffen. An den anderen Tagen besteht das Publikum bunt gemischt aus Homos
und Heteros. „Früher war die Abgrenzung der Szene wichtig für das
schwullesbische Selbstbewusstsein. Das finde ich heute nicht mehr
zeitgemäß.“ Das homosexuelle Ghetto hat sich für Dagmar überlebt.
Für Sven Seeger ebenfalls. Vor allem in
Prenzlauer Berg vermisst er es nicht. „Hier kräht doch kein Hahn danach, mit
wem du vögelst. Die sexuellen Vorlieben weder verstecken noch demonstrieren
zu müssen, das entkrampft den Alltag total.“ Auch wenn es manchmal durchaus
ganz schön sein kann, sich für ein paar Stunden in reinen Homozusammenhängen
zu bewegen.
Sven ist Tänzer und Choreograf. Seit sieben
Jahren arbeitet er im Dock 11 in der Kastanienallee, kurz vor dem imaginären
Schlagbaum zum Stadtbezirk Mitte. Seit 1994 ist das Dock einer der
Knotenpunkte im Netzwerk der Berliner Tanzszene – als Studio,
Produktionsstätte und Aufführungsort. Sven unterrichtet hier, tanzt und
entwickelt seine eigenen Stücke. Sein letztes Projekt „Whatever“ übersetzt
aktuelle soziale Konflikte in einen tänzerischen Dialog.
Der Standort Kastanienallee hat nach Svens
Meinung wenig Einfluss auf die Arbeitsprozesse im Dock. Auf sein Leben
schon. „Ich wohne hier, seitdem ich in Berlin bin. Das war damals einfach
die geilste Gegend hier.“ Heute nervt ihn der Hype um den Kiez enorm. „Die
normalen Läden machen zu, alles ist doppelt so teuer, und weges eines Paars
Schnürsenkel musst du runter zum Alex!“ Andererseits ist das Schwarz Sauer
direkt im Nachbarhaus und dient Sven je nach Sonnenstand als persönliche
Terrasse. Seinem Faible für Ostmänner wird die Straße allerdings nicht mehr
gerecht. Die „kapitalistische Überfremdung“ hat ihnen den Garaus gemacht.
Auch ich selbst habe mich schon lange
assimiliert und setze Trends – wie alle hier. Ich kleide mich im
nachlässigen Szenelook, bin ziemlich kreativ und spiele mit Hingabe das „Schwuletten-Erkennspiel“.
Denn manchmal interessiert die sexuelle Orientierung ja doch!
Nun sitze ich mit verquollenen Augen im
Morgenrot, schlürfe meine Latte Macchiato und ereifere mich über dämliche
Touristen, die, begeistert von der Kastanienallee, das Trottoir vor dem Café
verstopfen. Doch was wüsste ich ohne sie von dem Glück, in der angesagtesten
Gegend Berlins zu leben? Und überhaupt ist hier alles so nah, was das
Homoherz begehrt – einen Kaffee im November, das Bier im Grand Hotel
Kaffeehaus Club, zum Ficken ins Stahlrohr und danach entspannt in die
Treibhaussauna. – Oder zur Abwechslung heute vielleicht doch mal nach
Schöneberg?
- 26 schwullesbische Kneipen und Bars
- 8 Darkrooms
- 5 schwule Sexshops und Kinos
- 4 Homoprojekte
- 1 Sauna
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