Jenseits des Reiseführers: Bücher in und über Berlin

Bücher in und über Berlin

Über Berlin wird viel und gern gesprochen. Und nicht weniger geschrieben. Die Stadt ist Schauplatz für skurrile Begegnungen in der U-Bahn, für liebenswerte Alltagssituationen, kleine und große Dramen, nervenaufreibende Kriminalfälle und romantische Begegnungen. Man muss allerdings nicht alles gleichzeitig oder gar selbst erleben. Ob zur Vorbereitung auf Ihren Besuch oder danach: Tauchen Sie in die Geschichten ein und erlesen Sie sich die Facetten Berlins.

„Sie stehen verstört am Potsdamer Platz.

Und finden Berlin zu laut.

Die Nacht glüht auf in Kilowatts.

Ein Fräulein sagt heiser: „Komm mit, mein Schatz!“

Und zeigt entsetzlich viel Haut.

Sie wissen vor Staunen nicht aus und nicht ein.

Sie stehen und wundern sich bloß.

Die Bahnen rasseln. Die Autos schrein.

Sie möchten am liebsten zu Hause sein.

Und finden Berlin zu groß. […]“

„Besuch vom Lande“, Erich Kästner (1929)

Jakob Hein: Gebrauchsanweisung für Berlin; Piper Verlag, ISBN: 978-3-492-27661-0; € 14,99 [D]
Jakob Hein: Gebrauchsanweisung für Berlin; Piper Verlag, ISBN: 978-3-492-27661-0; € 14,99 [D]
Wir möchten nicht, dass es Ihnen wie den Besuchern in Kästners Gedicht ergeht. Daher gilt unser erster Buch-Tipp der Vorbereitung Ihres Berlin-Besuches. Wer oder was ist eigentlich ein Kiez und warum besteht jeder darauf, dass seiner der Beste ist? Berlin ist ja sowieso die tollste Stadt, obwohl es gewisse Schwächen bei Großbaustellen aufweist. Jakob Hein, zwar in Leipzig auf die Welt gekommen, aber im Herzen gebürtiger und hier aufgewachsener Berliner, geht offenen Auges durch die Straßen der Hauptstadt. In Gebrauchsanweisung für Berlin beleuchtet er die liebenswerten Eigenheiten der Bewohner und was man dringend wissen sollte, um nicht beim Kneipengespräch ins Fettnäpfchen zu latschen. Hier gibt es einen Vorgeschmack.

Wladimir Kaminer: Schönhauser Allee; Random House; ISBN: 978-3-442-54168-3; 8,30 € [D]
Wladimir Kaminer: Schönhauser Allee; Random House; ISBN: 978-3-442-54168-3; 8,30 € [D]
Offensichtlich lassen sich am liebsten Wahl-Berliner über ihre neue Heimat aus. Wenn der Blick durch die interkulturelle Brille erfolgt, macht das doppelt so viel Spaß. Besonders wenn der Brillenträger/Autor Wladimir Kaminer heißt. Er berichtet, was man schon allein nur in der Schönhauser Allee erleben kann. Wie zum Beispiel unverhoffte Schatzfunde in Mülltonnen oder interessante Geschäftsmodelle wie ein Lebensmittelladen, der Produkte nach Verpackungsgröße sortiert. Mein persönlicher Tipp: Am besten das Hörbuch genießen – dann machen die Geschichten doppelt Spaß. Hier ein Appetithäppchen.

Waren die Berliner eigentlich immer schon so – besonders? Werfen wir einen Blick ins vergangene Jahrhundert. Erich Kästner, von dem wir schon eingangs gelesen haben (übrigens wieder ein Sachse), berichtet Sonderbares vom Kurfürstendamm. Berliner Beobachtungen. Der berühmte Autor lebte immerhin 18 Jahre in der Stadt. Reichlich Zeit, um genügend Anekdoten zu sammeln, die der Welt nicht vorenthalten werden sollten. Wie es damals auf der Friedrichstraße zuging und ob sich überhaupt etwas verändert hat, können Sie hier lesen.

Wo wir schon einmal bei Erich Kästner sind, dürfen seine Kinderbücher natürlich nicht unerwähnt bleiben. In Emil und die Detektive begibt sich der kleine Emil direkt bei seinem ersten Berlin-Besuch direkt auf die Verfolgungsjagd nach einem Dieb. Der Vollständigkeit halber gibt es von Michael Bienert gleich noch Kästners Berlin. Literarische Schauplätze hinterher. Da können Sie direkt nachlesen, wo genau Emil und seine detektivischen Freunde unterwegs waren. Und natürlich auch die vielen anderen Kästner-Helden.

Siegfried Langer: Vater, Mutter, Tod; Ullstein Verlag, ISBN-13 9783548610511; 8,99 € [D]
Siegfried Langer: Vater, Mutter, Tod; Ullstein Verlag, ISBN-13 9783548610511; 8,99 € [D]
Anekdoten und Kindergeschichten sind ja ganz nett, aber nicht so Ihr Ding? Wie wäre es dann mit einem Psycho-Thriller, zum Beispiel von Siegfried Langer mit Vater, Mutter, Tod? Der Kommissar Manthey will ein Kind retten und muss sich gleichzeitig mit den Abgründen des Wahns auseinander setzen. Schon der Einstieg klingt vielversprechend:

„Ein Vater, der große Schuld auf sich lädt. Eine Mutter, die alles tun würde, um ihren Sohn zurückzubekommen. Ein Junge, der tot in einer Berliner Wohnung liegt. Eine Frau, deren Erinnerungen sie betrügen.“ Noch mehr Gänsehaut gibt es hier.

Andrea Biwald, Britta Hennings: Per Mausklick in den siebten Himmel; Schwarzkopf Verlag, ISBN 978-3-86265-321-8 ; 9,95 € [D]
Andrea Biwald, Britta Hennings: Per Mausklick in den siebten Himmel; Schwarzkopf Verlag, ISBN 978-3-86265-321-8 ; 9,95 € [D]
Sie wollen weniger Psycho und mehr Krimi? Um den „Putzteufel-Mörder“ geht es bei Vincent Kliesch in Die Reinheit des Todes. Ein engelsgleicher und wandlungsfähiger Serienmörder, der äußerst gründlich und vor allem reinlich vorgeht, verlangt dem Berliner Kommissar Julius Kern alles ab. Wer wird hier wohl wessen Sauerei beseitigen müssen? Hier ein erster scheuer Blick ins Buch.

Zum Schluss gibt es noch etwas fürs Herz. Zum Beispiel von Andrea Biwald, Britta Hennings mit Per Mausklick in den siebten Himmel, was ziemlich exemplarisch für ein typisches Berliner Singleleben ist: Die ewige Suche nach dem Richtigen, schräge Internetbekanntschaften und katastrophale Dates bis Frau endlich mal auf den ersehnten Traumprinzen trifft. Natürlich bleiben Komplikationen nicht aus. Wir sind ja schließlich nicht bei Disney. Zur Leseprobe.

Oder wie wäre es mit einer Geschichte über eine junge Frau und ihren Traummann, der allerdings ein Gedächtnisproblem hat? Als ob es nicht schon schwer genug wäre, diesen überhaupt zu entdecken, aber dann jede Woche noch aufs Neue erobern? Und wie soll da jetzt eine Yoga-Stunde helfen? Was Nelly für ihre große Liebe tut, können Sie in Lilli Becks Couchgeflüster nachlesen.

Es war noch nicht das Richtige für Sie dabei? Hier gibt es weitere Bücher, die sich in und um Berlin drehen.

Haben Sie noch weitere Tipps? Wir freuen uns über Ihre Kommentare.

Viel Spaß beim Schmökern!

 

„[…] Es klingt, als ob die Großstadt stöhnt,

weil irgendwer sie schilt.

Die Häuser funkeln. Die U-Bahn dröhnt.

Sie sind alles so gar nicht gewöhnt.

Und finden Berlin zu wild.

Sie machen vor Angst die Beine krumm.

Sie machen alles verkehrt.

Sie lächeln bestürzt. Und sie warten dumm.

Und stehn auf dem Potsdamer Platz herum,

bis man sie überfährt.“

„Besuch vom Lande“, Erich Kästner (1929)

Ein Kommentar zu “Jenseits des Reiseführers: Bücher in und über Berlin”

  1. Toller Artikel mit guten Anregungen zur Entfachung meines Berlin- Fiebers.
    Danke Gitte!

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